GESCHÄFTSJAHR 2022

HIGHLIGHTS

EBITDA

(GEWINN VOR FINANZERFOLG, STEUERN UND ABSCHREIBUNGEN )
Diagramm-EBITDA_1

ENTSCHULDUNGSFAKTOR

kreis-Entschuldungsfaktor (1)

In 1,5 Jahren kann die EBL ihre Finanzschulden aus eigener Kraft zurückzahlen.

LAGEBERICHT

TURBULENTE MÄRKTE.

Durch die starke Limitierung der Lieferungen von russischem Gas nach Europa wegen des Ukraine-Krieges, den Stillstand rund der Hälfte der französischen Kernkraftwerke und wenig Niederschläge stand Europa 2022 erstmals vor einer akuten Strommangellage. Das fehlende Stromabkommen mit Europa verschärfte die Situation für die Schweiz noch mehr.

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Strommärkte

Lagen die Strompreise für das Kalenderjahr 2023 Anfang 2022 noch bei 123 EUR/MWh, kulminierten sie bei einem sehr illiquiden Markt am 26. August in 1  082 EUR/MWh. Die Nachrichten, dass ein Grossteil der französischen Nuklearanlagen wieder ans Netz gelangen, sich die Gasspeicher in Europa dank Lieferungen von Flüssiggas aus Übersee stärker füllen, sowie die Bereitstellung des Rettungsschirms für Energieversorger durch die schweizerische Eidgenossenschaft beruhigten die Märkte im vierten Quartal. Die Preise lagen Ende Jahr aber immer noch 2 bis 3 Mal höher als zu Beginn des Jahres.

Durch die hohen Strompreise mussten die Energieproduzenten ihre hinterlegten Geldsicherheiten für Termingeschäfte drastisch erhöhen, was zu einem extremen Liquiditätsbedarf führte. Als Mitglied des Konsortiums Schweizer Minderheiten an Alpiq (EBL Anteil 6,4% an Alpiq) hat die EBL der Alpiq Gruppe ein Darlehen von 20 MCHF gewährt, welches im April wieder zurückgeführt werden konnte.

Strombeschaffung

Die EBL erbringt rund 70% der benötigten Energie für den Schweizer Markt über langfristige, kostenbasierte Lieferverträge von Alpiq und den Kraftwerken Birsfelden und Augst. Die restlichen Mengen werden an den Strommärkten rollierend beschafft.
Jeweils im August werden die Strompreise für die Kunden in der Grundversorgung für das Folgejahr festgelegt. Durch die steigenden Strompreise im zweiten Halbjahr 2021 wurden diese Preise für 2022 zu tief angesetzt, was zu einer Unterdeckung von 6 MCHF führte, d.h., die EBL hat gegenüber ihren Grundversorgungskunden ein Guthaben.

Versorgungssicherheit

In enger Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden und OSTRAL (Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen) hat sich die EBL auf eine drohende Strommangellage vorbereitet. Glücklicherweise ist der Bereitschaftsgrad 1 «Überwachung der Versorgungslage» nicht überschritten worden und die umgesetzten Massnahmen haben sich auf Sparappelle beschränkt. Dies hat sich – gekoppelt mit dem milden Winter – im Konsumverhalten deutlich bemerkbar gemacht: Der Stromverbrauch 2022 im Netzversorgungsgebiet lag 6% unter dem Vorjahresverbrauch.

Die Netzverfügbarkeit mit einer durchschnittlichen Unterbrechung von 7,49 Minuten je Kunde war im Vergleich mit dem Schweizer Durchschnitt von 17 Minuten 2021 ausserordentlich hoch. Die EBL investierte im Jahr 2022 16,9 MCHF in die Erneuerung und Ertüchtigung ihrer Stromnetze. So wird das Unterwerk Ormalingen ersetzt, die Mittelspannungsversorgung Bubendorf wird ausgebaut inklusive des Neubaus des Unterwerks Dreilinden, der Anschluss an das Kraftwerk Augst wird erneuert wie auch die Hochspannungsverbindung des Unterwerks Lachmatt und des Unterwerks Füllinsdorf. Die Transformatoren der Netzebene 2 in den Unterwerken Lachmatt und Ormalingen werden ersetzt. In Lausen wurden zudem intelligente Messzähler (Smart Meter) ausgerollt. Insgesamt ist der Anlagebuchwert der Netzinfrastruktur von 186 MCHF Ende 2021 auf 192 MCHF Ende 2022 gestiegen.

Im vergangen Jahr hatte sich die Anzahl der Anfragen zu Anschlüssen von Ladestationen, Wärmepumpen und PV-Anlagen im Vergleich zu 2018 verfünffacht.

Wärme

In Liestal wurde der Ersatz der fossilen Heizzentrale durch eine Biomassenfeuerung Anfang 2022 in Betrieb genommen. Damit werden 24 000 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden. Zudem wurden die dezentralen Feuerungsanlagen Burg, Hallenbad und Brunnmatt an den Grosswärmeverbund angeschlossen. Die Kosten dieses Grossprojekts belaufen sich auf insgesamt 72 MCHF. Auch die Gemeinde Frenkendorf wird in Zukunft mit Fernwärme aus der neuen Energiezentrale Liestal mit Wärme beliefert.

In Rothenfluh baut die EBL eine neue Heizzentrale und schliesst dort zwei bestehende Verbünde zusammen. In Pratteln wird die fossil betriebene Anlage Längi durch eine Anbindung an die Biomassenanlage des Grosswärmeverbunds ersetzt. 

Grössere Projektentwicklungen werden in den Gemeinden Opfikon, Moutier, Twann und Hochdorf vorangetrieben. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hat die Nachfrage nach erneuerbaren Energien deutlich erhöht. In Opfikon wird die Abwärme eines Datacenters genutzt – ein schweizweites Vorzeigeprojekt!

Stromproduktion

Die EBL hat aus eigenen Produktionsanlagen 169 GWh Strom produziert, was 25% des in der Schweiz abgesetzten Stroms entspricht. Der Produktionssollwert von 191 GWh wurde aufgrund der tiefen Wasserstände, des tieferen Windaufkommens, aber auch der tieferen Sonneneinstrahlung in Spanien nicht erreicht.

Von den über den Einspeisetarifen liegenden Strompreisen hat die EBL vor allem im deutschen Windgeschäft profitiert und der Umsatz hat sich beim Windpark Möthlitz um fast 60% erhöht.

Als erste Schweizer Energieversorgerin und erstes Baselbieter Unternehmen hat die EBL die FINMA-Bewilligung als Verwalterin von Kollektivvermögen erlangt. Diese Zulassung ermöglicht der EBL die Lancierung eines Investitionsgefässes für institutionelle Investoren – den Fonds EBL X Invest. 

Die Ressourcen für den Bau von Photovoltaikanlagen in der Schweiz wurden hochgefahren. Der Verwaltungsrat hat hierfür einen Kreditrahmen von 10 MCHF bis 2027 genehmigt.

Der Bau des Tiefengeothermieprojekts in Haute-Sorne ist auf gutem Wege. Die EBL realisiert zusammen mit dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich und Energie Wasser Bern die erste Bohrung durch das Gemeinschaftsunternehmen Geo-Energie Jura SA. Der Bohrbeginn wird Anfang 2024 sein.

Telecom

Die weiter anhaltenden Margenerosionen sowie der Kundenrückgang haben den Verwaltungsrat bewogen, das Privatkundengeschäft der Telecom zu verkaufen. Das Glasfasernetz in der Region Liestal wird die EBL behalten, weil es für den Betrieb der Stromnetzinfrastruktur wichtig ist. Das Privatkundengeschäft wurde per 31. Dezember 2022 an den langjährigen Partner Sunrise verkauft.

Delegierte

Mit rund 100 Vertretern der Delegierten wurden Workshops zu den Themen Strategie, Genossenschaftsöffnung und Gewinnverwendung durchgeführt. Die Diskussion dieser Themen war sehr wertvoll und wird in die Statutenrevision, welche der Delegiertenversammlung im Juni 2023 vorgelegt wird, einfliessen.

Ausblick

Die abgewendete Strommangellage für den Winter 2022 hat die Stromversorgungsproblematik für die Zukunft nicht gelöst. Die EBL wird regional, national und international in den Zubau erneuerbarer Stromproduktionsanlagen investieren, auch durch den von FINMA regulierten Fonds EBL X Invest für kollektive Kapitalanlagen.

Nach dem Ausstieg aus dem Telecom Endkunden-Geschäft vollziehen wir 2023 den Ausstieg aus dem Endkunden-Stromvertriebsgeschäft in Deutschland. Dieses Geschäft wurde aufgrund der extremen Preisentwicklungen im Jahr 2022 kontinuierlich reduziert.

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Gesellschaftsorgane

Die Delegiertenversammlung 2022.

Die EBL ist als privatrechtliche Genossenschaft organisiert. Die Einzelmitglieder sind natürliche oder juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts. Sie besitzen Liegenschaften, welche an das Stromnetz der EBL angeschlossen sind. Kollektivmitglieder sind Verteilgenossenschaften im Versorgungsgebiet. Die Genossenschafter wählen alle fünf Jahre die Delegierten, welche die Interessen der Mitglieder wahren.

Bericht der Delegiertenversammlung 2022

Verwaltungsratspräsident Martin Thommen begrüsste die Delegierten sowie die Gäste und konnte wiederum über eine erfolgreiche EBL berichten, die sich in einem komplexen Marktumfeld 2021 behaupten konnte. In seiner Eröffnungsansprache drückte er sein Bedauern und Mitgefühl über die geopolitische Lage Europas und die Folgen des Ukraine-Konflikts aus. Verschiedenste Faktoren, wie das Hochfahren der Industrien nach Covid sowie der russische Angriffskrieg, führten über die letzten Monate zu einem drei- bis fünffachen Energiepreisanstieg. Zunehmend beschäftigt aber auch die Frage: Wie kann der zukünftige Strombedarf überhaupt gedeckt werden? In seinen Ausführungen erklärt Martin Thommen, wie die EBL weiterhin einen wichtigen Beitrag zur finanzierbaren Versorgungssicherheit und Klimaneutralität leisten wird und dass die strategische Fokussierung auf das Thema Energie unter anderem auch zum Entscheid führte, den Ausstieg aus dem Telekomgeschäft zu prüfen.

Tobias Andrist, CEO der EBL, nannte als die zwei obersten Ziele die Versorgungsicherheit und eine bezahlbare, klimafreundliche Energieversorgung. Diese Ziele stehen nicht erst seit 2021 an erster Stelle, sondern bereits seit vielen Jahren. Die EBL blickte im Jahr 2021 punkto Versorgungssicherheit auf sehr gute Resultate zurück. Die Versorgungssicherheit ihrer Kunden lag mit 8,9 Minuten Unterbruch weit unter dem Schweizer Durchschnitt von rund 20 Minuten. Das in die Versorgungssicherheit investierte Volumen lag bei rund 27 MCHF für die Instandhaltung bestehender Anlagen der Sparten Netz, Telecom und Wärme. 

Die Anstrengungen im Bereich der klimafreundlichen Energieversorgung umfassten 2021 eine Vielzahl an Projekten und Initiativen in den Kernbereichen Wärmeversorgung, erneuerbare Stromproduktion sowie erneuerbare Energielieferungen/Innovationen. Um nur einige Highlights zu nennen: 

•    Die Fertigstellung der Fernwärmezentrale Liestal mit einem erneuerbaren Energieanteil, der von unter 50% auf über 90% gesteigert werden konnte. Der Startschuss für den Ausbau des Fernwärmeversorgungsnetzes Frenkendorfs sowie des Wärmeverbundes Worblental bei der Stadt Bern. 

•    Im Bereich erneuerbare Stromproduktion die Inbetriebnahme des Kleinwasserkraftwerks Obermatt bei Zwingen mit neu 600 kW (alt 360 kW) Leistung sowie der Kauf mit gemeinsamen Finanzierungspartnern von zwei Windturbinen mit einer Leistung von total 6,75 MW in Deutschland.

•    In der Disziplin erneuerbare Energielieferungen und Innovationen konnte sich die EBL am Start-up Libattion AG beteiligen, welches aus gebrauchten Lithiumzellen neue Batteriesysteme baut. Insgesamt hatte die EBL 2021 rund 44 MCHF in den Ausbau von neuen klimafreundlichen Energieproduktionsanlagen investiert. 

Vor dem geopolitischen Hintergrund und der zukünftigen  Strombedarfslage muss klar festgehalten werden, dass die EBL getreu ihrem Grundsatz des vorausschauenden Handelns nach wie vor mutig, engagiert, unternehmerisch und ambitioniert in die Versorgungssicherheit sowie in eine bezahlbare Energieversorgung investieren wird. Dabei wird sich die EBL aber a priori keine Technologieverbote auferlegen und alle Handlungsoptionen prüfen bzw. verfolgen wie z.B. das Tiefengeothermieprojekt der EBL bzw. der Geo-Energie Suisse AG im Kanton Jura.

CFO Alain Jourdan präsentierte den Delegierten das Jahresergebnis eines kerngesunden Unternehmens. Der konsolidierte Umsatz der EBL Gruppe von 268,6 MCHF liegt über dem Vorjahr (258,9 MCHF). Der EBITDA konnte um 0,3% auf 58,9 MCHF gesteigert werden. Das sehr erfreuliche Jahresergebnis 2021 hat zur Folge, dass die Eigenkapitalquote von 70,4% auf 71,7% weiter erhöht werden konnte, während die EBL mit einem Entschuldungsfaktor von 1,2 (Nettoschulden/EBITDA) eine sehr tiefe Verschuldung aufweist. Alle Geschäftsfelder – Netz, Strom, Wärme und Telecom – haben zu diesem guten Ergebnis geführt.

Nach 12 Jahren im Verwaltungsrat der EBL trat Heiner Oberer an dieser Versammlung auf eigenen Wunsch zurück. Sein grosses Engagement für die EBL wurde von Martin Thommen gewürdigt. Der Antrag, vorerst keinen Ersatz-Verwaltungsrat zu stellen, wurde von den Delegierten angenommen.

EBL ORGANIGRAMM

EBL_Organigramm_22_DE
Verwaltungsrat

Martin Thommen
Sissach, Präsident

De Courten Thomas
Rünenberg, Vizepräsident

Buchenhorner Damaris C. 
Ramlinsburg

Buser Christoph
Füllinsdorf

Heinzelmann Alexander
Ramlinsburg

Roland Küng
Maisprach

Weber Stefan
Arboldswil

Zeller Beat
Tecknau

Revisionsstelle

PricewaterhouseCoopers, Basel

 
Geschäftsleitung

Tobias Andrist
CEO

Susanne Obert
Strom

Alain Jourdan
Stv. CEO, Finanzen und Dienste

Norbert Bäckert
Netz

Roger Scheidegger
Wärme

Adrian Koessler
Telecom

Yves Grebenarov
Stromproduktion

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Der Geschäftsbericht 2022
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