Strommärkte
Lagen die Strompreise für das Kalenderjahr 2023 Anfang 2022 noch bei 123 EUR/MWh, kulminierten sie bei einem sehr illiquiden Markt am 26. August in 1 082 EUR/MWh. Die Nachrichten, dass ein Grossteil der französischen Nuklearanlagen wieder ans Netz gelangen, sich die Gasspeicher in Europa dank Lieferungen von Flüssiggas aus Übersee stärker füllen, sowie die Bereitstellung des Rettungsschirms für Energieversorger durch die schweizerische Eidgenossenschaft beruhigten die Märkte im vierten Quartal. Die Preise lagen Ende Jahr aber immer noch 2 bis 3 Mal höher als zu Beginn des Jahres.
Durch die hohen Strompreise mussten die Energieproduzenten ihre hinterlegten Geldsicherheiten für Termingeschäfte drastisch erhöhen, was zu einem extremen Liquiditätsbedarf führte. Als Mitglied des Konsortiums Schweizer Minderheiten an Alpiq (EBL Anteil 6,4% an Alpiq) hat die EBL der Alpiq Gruppe ein Darlehen von 20 MCHF gewährt, welches im April wieder zurückgeführt werden konnte.
Strombeschaffung
Die EBL erbringt rund 70% der benötigten Energie für den Schweizer Markt über langfristige, kostenbasierte Lieferverträge von Alpiq und den Kraftwerken Birsfelden und Augst. Die restlichen Mengen werden an den Strommärkten rollierend beschafft.
Jeweils im August werden die Strompreise für die Kunden in der Grundversorgung für das Folgejahr festgelegt. Durch die steigenden Strompreise im zweiten Halbjahr 2021 wurden diese Preise für 2022 zu tief angesetzt, was zu einer Unterdeckung von 6 MCHF führte, d.h., die EBL hat gegenüber ihren Grundversorgungskunden ein Guthaben.
Versorgungssicherheit
In enger Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden und OSTRAL (Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen) hat sich die EBL auf eine drohende Strommangellage vorbereitet. Glücklicherweise ist der Bereitschaftsgrad 1 «Überwachung der Versorgungslage» nicht überschritten worden und die umgesetzten Massnahmen haben sich auf Sparappelle beschränkt. Dies hat sich – gekoppelt mit dem milden Winter – im Konsumverhalten deutlich bemerkbar gemacht: Der Stromverbrauch 2022 im Netzversorgungsgebiet lag 6% unter dem Vorjahresverbrauch.
Die Netzverfügbarkeit mit einer durchschnittlichen Unterbrechung von 7,49 Minuten je Kunde war im Vergleich mit dem Schweizer Durchschnitt von 17 Minuten 2021 ausserordentlich hoch. Die EBL investierte im Jahr 2022 16,9 MCHF in die Erneuerung und Ertüchtigung ihrer Stromnetze. So wird das Unterwerk Ormalingen ersetzt, die Mittelspannungsversorgung Bubendorf wird ausgebaut inklusive des Neubaus des Unterwerks Dreilinden, der Anschluss an das Kraftwerk Augst wird erneuert wie auch die Hochspannungsverbindung des Unterwerks Lachmatt und des Unterwerks Füllinsdorf. Die Transformatoren der Netzebene 2 in den Unterwerken Lachmatt und Ormalingen werden ersetzt. In Lausen wurden zudem intelligente Messzähler (Smart Meter) ausgerollt. Insgesamt ist der Anlagebuchwert der Netzinfrastruktur von 186 MCHF Ende 2021 auf 192 MCHF Ende 2022 gestiegen.
Im vergangen Jahr hatte sich die Anzahl der Anfragen zu Anschlüssen von Ladestationen, Wärmepumpen und PV-Anlagen im Vergleich zu 2018 verfünffacht.
Wärme
In Liestal wurde der Ersatz der fossilen Heizzentrale durch eine Biomassenfeuerung Anfang 2022 in Betrieb genommen. Damit werden 24 000 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden. Zudem wurden die dezentralen Feuerungsanlagen Burg, Hallenbad und Brunnmatt an den Grosswärmeverbund angeschlossen. Die Kosten dieses Grossprojekts belaufen sich auf insgesamt 72 MCHF. Auch die Gemeinde Frenkendorf wird in Zukunft mit Fernwärme aus der neuen Energiezentrale Liestal mit Wärme beliefert.
In Rothenfluh baut die EBL eine neue Heizzentrale und schliesst dort zwei bestehende Verbünde zusammen. In Pratteln wird die fossil betriebene Anlage Längi durch eine Anbindung an die Biomassenanlage des Grosswärmeverbunds ersetzt.
Grössere Projektentwicklungen werden in den Gemeinden Opfikon, Moutier, Twann und Hochdorf vorangetrieben. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hat die Nachfrage nach erneuerbaren Energien deutlich erhöht. In Opfikon wird die Abwärme eines Datacenters genutzt – ein schweizweites Vorzeigeprojekt!
Stromproduktion
Die EBL hat aus eigenen Produktionsanlagen 169 GWh Strom produziert, was 25% des in der Schweiz abgesetzten Stroms entspricht. Der Produktionssollwert von 191 GWh wurde aufgrund der tiefen Wasserstände, des tieferen Windaufkommens, aber auch der tieferen Sonneneinstrahlung in Spanien nicht erreicht.
Von den über den Einspeisetarifen liegenden Strompreisen hat die EBL vor allem im deutschen Windgeschäft profitiert und der Umsatz hat sich beim Windpark Möthlitz um fast 60% erhöht.
Als erste Schweizer Energieversorgerin und erstes Baselbieter Unternehmen hat die EBL die FINMA-Bewilligung als Verwalterin von Kollektivvermögen erlangt. Diese Zulassung ermöglicht der EBL die Lancierung eines Investitionsgefässes für institutionelle Investoren – den Fonds EBL X Invest.
Die Ressourcen für den Bau von Photovoltaikanlagen in der Schweiz wurden hochgefahren. Der Verwaltungsrat hat hierfür einen Kreditrahmen von 10 MCHF bis 2027 genehmigt.
Der Bau des Tiefengeothermieprojekts in Haute-Sorne ist auf gutem Wege. Die EBL realisiert zusammen mit dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich und Energie Wasser Bern die erste Bohrung durch das Gemeinschaftsunternehmen Geo-Energie Jura SA. Der Bohrbeginn wird Anfang 2024 sein.
Telecom
Die weiter anhaltenden Margenerosionen sowie der Kundenrückgang haben den Verwaltungsrat bewogen, das Privatkundengeschäft der Telecom zu verkaufen. Das Glasfasernetz in der Region Liestal wird die EBL behalten, weil es für den Betrieb der Stromnetzinfrastruktur wichtig ist. Das Privatkundengeschäft wurde per 31. Dezember 2022 an den langjährigen Partner Sunrise verkauft.
Delegierte
Mit rund 100 Vertretern der Delegierten wurden Workshops zu den Themen Strategie, Genossenschaftsöffnung und Gewinnverwendung durchgeführt. Die Diskussion dieser Themen war sehr wertvoll und wird in die Statutenrevision, welche der Delegiertenversammlung im Juni 2023 vorgelegt wird, einfliessen.
Ausblick
Die abgewendete Strommangellage für den Winter 2022 hat die Stromversorgungsproblematik für die Zukunft nicht gelöst. Die EBL wird regional, national und international in den Zubau erneuerbarer Stromproduktionsanlagen investieren, auch durch den von FINMA regulierten Fonds EBL X Invest für kollektive Kapitalanlagen.
Nach dem Ausstieg aus dem Telecom Endkunden-Geschäft vollziehen wir 2023 den Ausstieg aus dem Endkunden-Stromvertriebsgeschäft in Deutschland. Dieses Geschäft wurde aufgrund der extremen Preisentwicklungen im Jahr 2022 kontinuierlich reduziert.